Die Tatsache, dass die jüngsten Bemühungen um Wachstum vor allem zur Bildung von Geldblasen geführt haben, zeigt, dass unser heutiges Wirtschaftssystem nicht von Politikern oder Zentralbanken gesteuert werden sollte. Dennoch verfolgt die derzeitige Politik geschlossen das Ziel der vollständigen Wiederherstellung der Wachstums-Wirtschaft. Wir haben viele Probleme (Armut, Arbeitslosigkeit, Umweltzerstörung, Haushaltsdefizit, Handelsdefizit, Rettungsaktionen, Konkurs, Bankrotte, etc.), aber offenbar nur eine Lösung: Wirtschaftswachstum. Die Frage ist nur, macht uns das Wachstum immer noch reicher, oder macht es uns mittlerweile ärmer?
Eine natürliche Ökonomie ist mit kontinuierlichem Wachstum nicht kompatibel. Die Abwärtsspirale eines negativen Wachstums, eine Depression, wie sie jetzt beginnt, ist Ausdruck einer gescheiterten Wachstums-Wirtschaft.
Es drängt sich immer mehr die Frage auf, ob Wachstum und Wohlstand zusammenhängen. Stellen wir uns zur Klärung dieser Frage folgende Situation vor: Eine vierköpfige Familie lebt von einem jährlichen Einkommen in Höhe von 60.000 €. Das Jahr neigt sich dem Ende entgegen und das Einkommen ist komplett ausgegeben worden. Plötzlich erhält der Familienvater von seinem Chef eine zehnprozentige Lohnerhöhung. Die Familie steht jetzt vor einer entscheidenden ökonomischen Frage. Was ist mit dem zusätzlichen Einkommen zu tun? Der Familienvater plädiert darauf, den Konsum der vierköpfigen Familie auszuweiten. Das würde nach heutigen Maßstäben zu einer Erhöhung des Wohlstandes führen. Die Mutter wünscht sich schon seit längerem ein weiteres Kind. Auch das wäre eine Alternative, die Lohnerhöhung einzusetzen. Die Vergrößerung der Familie. Das Geld zu sparen wäre eine dritte Möglichkeit. Das würde zu späterem Konsum führen, da Sparen nur zu einer zeitlichen Verschiebung des Konsums führen würde. Anhand dieses einfachen Beispiels sehen wir, dass wir eine Entscheidung zu treffen haben. Wachstum oder Wohlstand. Wir können nicht beides zugleich haben. Die natürlichste Sache der Welt.
Auf einen weiteren Punkt möchte ich noch kommen. Es gibt eine Gesetzmäßigkeit in der Mathematik, die besagt, dass, wenn etwas wächst, es dadurch größer wird! Also: Wenn die Wirtschaft wächst, wird sie auch größer. Gemessen wird die Wirtschaftskraft mit Hilfe des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Das reale BIP, das Maß für das sogenannte „wirtschaftliche“ Wachstum, trennt nicht Kosten von Leistungen, sondern zeigt die „wirtschaftlicher Aktivität“ an. Wie sollen wir da wissen, wann das Wachstum unwirtschaftlich geworden ist? Abhilfe- und Schutzmaßnahmen werden immer größer, die sich in Überlastung, Störungen der wirtschaftlichen Aktivität, Vertreibung, Ausbeutung und Umweltverschmutzung zeigen. Diese Ausgaben, die als Kosten des Wirtschaftens bezeichnet werden können , erhöhen ebenfalls das BIP. An diesem Punkt erkennen wir bereits deutlich, wie unsinnig das Verlangen nach unendlichem Wachstum in einer endlichen Welt und das Messen wirtschaftlichen Erfolges mit dem Bruttoinlandsprodukt ist.
Ist Wachstum ein fortlaufender Prozess? Oder ein vorübergehender Prozess, der erforderlich ist, um ein ausreichendes Maß an Wohlstand zu erreichen?
Schauen Sie sich zur Beantwortung dieser Frage einfach mal in der Natur um. Gibt es bei Pflanzen und Tieren unendliches Wachstum?
Einige Ökonomen sehen die Natur als den Rohstofflieferanten der Wirtschaft (Wälder, Fischerei, Bergbau, Brunnen, Wiesen und auch die Landwirtschaft …). Die heutigen Wirtschaftswissenschaften sehen die Wirtschaft und nicht das Ökosystem als Ganzes an. Wenn die Wirtschaft das Ganze ist, dann ist sie nicht Teil einer größeren Sache oder eines größeren Systems, das ihre Expansion einschränken könnte. Wenn einige rohstoffliefernde, natürliche Teilbereiche knapper werden, ersetzen wir sie einfach mit anderen Sektoren und das Wachstum der gesamten Wirtschaft geht weiter. Quellen und Abflüsse werden als unendlich angesehen.
Woher kommt diese Verweigerung der meisten Ökonomen sowohl gegenüber dem gesunden Menschenverstand, als auch den Ideen der frühen klassischen Wirtschaftswissenschaftler?
Ich denke, die Antwort ist erschreckend einfach.
- Ohne Wachstum ist der einzige Weg zu Heilung der Armut das Teilen.
- Ohne Wachstum, dass den erhofften demografischen Übergang antreiben soll, ist der einzige Weg zur Heilung der Überbevölkerung die Geburtenkontrolle.
- Ohne Wachstum ist der einzige Weg, um Mittel für Investitionen in Umwelt-Reparaturen zu gewinnen eine Kürzung des derzeitigen Verbrauchs.
Wollen Menschen diese Veränderungen?
In unserem Zusammenleben müssen sich grundlegende Dinge im Bewusstsein der Menschen ändern. Dann haben wir die Chance unsere Welt zu retten. Denn das Ergebnis unseres heutigen Wirtschaftens ist für einige Menschen bereits erkennbar.
Ronny Wagner