Schiffbrüchige finden eine Insel

Eine Explosion hatte ihr Schiff zerrissen. Ein jeder versuchte, sich an einen schwimmenden Teil zu festzuhalten. Als alles vorüber war, blieben nur noch fünf Leute übrig. Fünf, die sich auf einem Rettungsfloß befanden, das von den Wellen weggetrieben wurde. Von den anderen Opfern der Katastrophe war nichts mehr zu sehen. Seit vielen Stunden schon schweifte ihr Blick über den Horizont: Würde ein durchreisendes Schiff sie sehen? Würde ihr Rettungsfloß auf irgendeiner freundlichen Küste stranden? Plötzlich ruft jemand: „Land in Sicht!  Schaut! Genau in der Richtung, in die uns das Meer treibt.“
Als sie tatsächlich auf ein Ufer zutreiben, herrscht bei den Schiffbrüchigen große Freude. Es handelt sich um fünf Europäer: Franz ist ein großer, starker Zimmermann; Paul, ein Landwirt. Jakob, ein Viehzüchter, Heinrich ist ein Gärtner und Thomas ein Mineraloge.

Eine Insel, wie für sie geschaffen
Wieder auf festem Boden zu stehen, bedeutet für die Männer die Rückkehr ins Leben.  Sie beeilen sich, die Insel zu erkunden, auf die sie weit weg von jeder Zivilisation geraten sind. Sie nennen sie die Insel der Schiffbrüchigen. Eine erste Besichtigung fällt zu ihrer Zufriedenheit aus. Die Insel ist kein unfruchtbares Land. Der Viehzüchter Jakob ist der Ansicht, dass er die Tiere zähmen und aus ihnen Nutzen ziehen könne. Paul denkt, dass der Boden der Insel zum größten Teil für die Landwirtschaft sehr geeignet sei. Heinrich hat Obstbäume gefunden, von denen er sich eine gute Ernte verspricht. Franz bemerkt weite Waldbereiche, die reich an Holz sind; es wird ein Kinderspiel sein, die Bäume zu fällen und Hütten für eine kleine Siedlung zu bauen.  Was den Mineralogen Thomas betrifft, interessierte er sich für den felsigsten Teil der Insel. Er stellt mehrere Anzeichen fest, die darauf hinweisen, dass sich im Boden viele Minerale finden lassen. Trotz des Mangels an Handwerkzeug denkt Thomas genügend Initiative und Schlauheit zu besitzen, um Erz in nützliches Metall zu verwandeln.

Die echten Reichtümer
Und so machen sich unsere Männer an die Arbeit. Am Anfang müssen sie sich mit primitiver Nahrung abfinden. Nachdem die Felder jedoch angepflanzt wurden kann der Landwirt bald ernten.  Während eine Jahreszeit der anderen folgt, wird langsam Reichtum auf der Insel geschaffen. Ihr Reichtum besteht jedoch nicht aus Gold oder aus Banknoten, sondern aus wertvoller Nahrung, aus Kleidung, aus Unterkunft und aus allem, was ihrem Bedarf entspricht.  Übrigens haben sie in ihrer Heimat schon eine Krisenzeit durchgemacht. Sie erinnern sich an leere Mägen, während die Geschäfte ein paar Schritte weiter voll mit Essen waren. Auf der Insel der Schiffbrüchigen müssen sie nicht zusehen wie alles, was sie benötigen, vor ihren Augen unerreichbar bleibt. Zudem sind Steuern hier unbekannt und das Auftauchen eines Gerichtsvollziehers ist nicht zu befürchten.  Wenn die Arbeit manchmal auch schwer ist, hat man wenigstens das Recht, die Früchte der Arbeit selbst zu genießen.   Alles in allem bewirtschaften die fünf Männer die Insel, preisen Gott dafür und hoffen eines Tages ihre Verwandten und Bekannten gesund und lebendig wiederzusehen.

Ein bedeutender Zwischenfall
Unsere Männer versammeln sich oft, um sich über ihre Arbeit zu unterhalten. In diesem sehr vereinfachten Wirtschaftssystem beschäftigt sie eine Tatsache sehr: sie haben kein Zahlungsmittel. Der Tauschhandel, der direkte Austausch zwischen Erzeugnissen, hat seine Nachteile. Die Produkte können nicht immer zur gleichen Zeit ausgetauscht werden; das im Winter dem Landwirt gelieferte Holz zum Beispiel kann erst sechs Monate später in Gemüse zurückbezahlt werden. Das alles verkompliziert die Geschäfte. Wäre Geld im Umlauf, so würde jeder seine Ware den anderen für Geld verkaufen. Mit dem erhaltenen Geld würde er den anderen abkaufen können, was er will, wann er will und wann immer die Waren verfügbar sind. Alle fünf sind sich einig, die Bequemlichkeit eines Geldsystems anzuerkennen, Aber keiner weiß, wie er ein solches System aufbauen könnte. Sie haben es gelernt, den wahren Reichtum zu produzieren. Doch sie haben keine Ahnung, wie man Geld, das Symbol des Reichtums, herstellen kann.  Sie kennen den Ursprung des Geldes nicht, und wissen nicht, womit sie anfangen sollen, wenn keines vorhanden ist.

Ankunft eines anderen Schiffbrüchigen
Eines Abends. als die Männer am Strand sitzen und dieses Problem zu lösen versuchen, sehen sie plötzlich eine Schaluppe näherkommen, die nur von einem Mann geführt wird. Man beeilt sich, dem Ankömmling zu helfen, ihm die erste Hilfe anzubieten und mit ihm zu sprechen. Sie erfahren, dass er ein Europäer und der einzige Überlebende eines Schiffbruchs ist. Sein Name ist Martin. Da sie froh sind, einen zusätzlichen Kameraden zu haben, heißen ihn unsere fünf Männer herzlich willkommen und führen ihn in der Siedlung herum.
„Obwohl wir hier weit weg vom Rest der Welt sind, sind wir nicht zu bemitleiden. Die Erde ist fruchtbar. Nur eines fehlt uns: wir haben keine Zahlungsmittel, das uns den Austausch der Produkte vereinfachen, würde.“
„Preisen Sie den Zufall, der mich hierhergeführt hat“ antwortet Martin. „Das Geld ist kein Geheimnis für mich. Ich bin ein Bankier und kann Ihnen in geringer Zeit das Währungssystem aufbauen, das Sie befriedigen wird.“
Ein Bankier!… Ein Bankier!… Ein vom Himmel abgestiegener Engel hätte nicht mehr Ehrerbietung erweckt.

Der Gott der Zivilisation
“Herr Martin, da sie Bankier sind, werden Sie auf dieser Insel nicht arbeiten. Sie werden sich nur mit unserem Geld beschäftigen.“
„Ich werde meine Aufgabe, wie jeder Bankier, erfüllen: ich hoffe damit den gemeinschaftlichen Wohlstand zu gestalten.“
„Herr Martin wir werden Ihnen ein würdiges Haus bauen. Können wir Sie inzwischen in dem Gebäude unterbringen, das wir für unsere öffentlichen Versammlungen benutzen?“
„Ich bin damit einverstanden, meine Freunde. Laden wir aber zuerst die Sachen, die ich von, Schiffbruch retten konnte, aus der Schaluppe aus: eine kleine Presse, Papier und Werkzeug, und hauptsächlich ein kleines Fass, mit dem Sie mit großer Sorgfalt umgehen werden.”
Alles wird ausgeladen. Das kleine Fass macht unsere kleine Mannschaft sehr neugierig.
“Dieses Fass enthält den wertvollsten Schatz.“ sagt Martin. „Es ist mit Gold gefüllt!”
Voll mit Gold! Das bringt unsere fünf Männer fast um den Verstand. Der Gott der Zivilisation war auf die Insel der Schiffbrüchigen gekommen. Der gelbe Gott, der immer versteckt ist, aber eine schreckliche Macht besitzt, kann durch sein Vorhandensein, seinen Mangel oder seine geringsten Launen über das Leben von hundert Nationen entscheiden.
“Gold! Herr Martin, Sie sind wirklich ein großer Bankier! Nehmen Sie unsere Huldigungen und unsere Treue an.“
„Gold für einen ganzen Erdteil, meine Freunde. Das ist jedoch kein Gold, das im Umlauf sein wird. Es muss versteckt werden. Gold ist die Seele vom echten Geld. Die Seele muss verborgen bleiben. ich werde auch das alles erklären, wenn ich Ihnen das erste Geld geben werde.”

Eine zeugenlose Beerdigung
Bevor sie sich für die Nacht verabschieden, stellt ihnen Martin eine letzte Frage:
“Wie viel Geld würden Sie für den Anfang brauchen, damit die Geschäfte gut in Gang kommen?”
Sie sehen sich gegenseitig an. Dann fragen sie Martin nach seiner Meinung. Nachdem sie die Vorschläge des gutwilligen Bankiers gehört haben, denken sie, dass 300 Euro pro Person ausreichen.  Die Männer ziehen sich zurück, wechseln einige gerührte Gedanken, gehen spät zu Bett und schlafen erst gegen Morgen ein, nachdem sie lange mit offenen Augen von Gold geträumt haben.  Martin aber verliert keine Zeit. Er vergisst seine Müdigkeit, um nur an seine Zukunft als Bankier zu denken. In der Morgendämmerung gräbt er ein Loch, in das er das Fass rollt. Er bedeckt es sorgfältig mit Erde und Gras. Er pflanzt sogar einen kleinen Busch an dieselbe Stelle, um auch ganz bestimmt keine Spur zu hinterlassen.  Dann bringt er seine kleine Presse in Gang, um Banknoten von je 10 Euro zu drucken. Beim Anblick der von seiner Presse gedruckten Banknoten denkt er für sich selbst:
“Wie einfach ist es doch Banknoten herzustellen! Sie ziehen ihren Wert aus den Produkten, die man mit ihnen kaufen kann. Ohne Produkte wären die Banknoten wertlos. Meine fünf neuen Kunden denken jedoch nicht daran. Sie glauben, dass das Gold das Geld garantiert. Sie liegen wegen ihrer Unwissenheit in meiner Macht.”
Am selben Abend kommen die fünf Freunde laufend bei Martin an.

Wem gehört das neue Geld?
Fünf Banknotenstöße lagen auf dem Tisch.
„Bevor ich Ihnen dieses Geld verteile, müssen wir uns verstehen.“ sagt der Bankier
„Das Geld hängt von Gold ab. Das in meiner Beute ruhende Gold gehört mir. Infolgedessen gehört das Geld mir. Ach! Sie sollen nicht traurig sein! Ich werde Ihnen dieses Geld vorstrecken und Sie können es benützen wie es ihnen beliebt. Inzwischen werde ich Sie nur mit Zinsen belasten. Da das Geld ein knappes Gut auf dieser Insel ist, weil es überhaupt keines gibt, glaube ich, es ist angemessen, wenn ich von Ihnen einen geringen Zins von nur 8% verlange.“
„Sie sind in der Tat sehr großzügig, Herr Martin.“
„Einen letzten Punkt noch, meine Freunde. Geschäft ist Geschäft, auch zwischen großen Freunden. Bevor Sie Ihr Geld bekommen, wird ein jeder von Ihnen ein Dokument unterschreiben; damit verpflichten Sie sich, Kapital und Zinsen zurückzuzahlen. Bei Nichterfüllung hat das eine Beschlagnahmung Ihres Eigentums durch mich zur Folge. Oh! Eine einfache Garantie. Ich will überhaupt nicht an Ihr Eigentum heran, ich begnüge mich mit dem Geld. Ich bin sicher, dass Sie Ihre Güter behalten und mir das Geld zurückerstatten werden.“
„Sie haben einen guten Menschenverstand, Herr Martin. Wir werden mit verstärkten Kräften an die Arbeit gehen und alles zurückzahlen.“
„Gut. Gestatten Sie mir einen Besuch, immer, wenn Sie ein Problem haben. Der Bankier ist der beste Freund der Menschen… So, hier sind 300 Euro für einen jeden.”
Hiermit kehren unsere fünf Freunde hocherfreut zurück und ihre Hände und Träume sind mit Geld gefüllt.

Ein arithmetisches Problem
Martins Geld wurde auf der Insel in Umlauf gesetzt. Die Austausche wurden zahlreicher und einfacher. Alle freuen sich und begrüßen Martin mit Respekt und Dankbarkeit.   Dennoch ist der Mineraloge besorgt. Seine Produkte befinden sich noch unter der Erde. Er besitzt nur noch einige Euro. Wie soll er dem Bankier das Geld bei Fälligkeit zurückerstatten?  Nachdem er sich lange den Kopf über sein eigenes Problem zerbrochen hat, packt Thomas es von der sozialen Seite an:
“Wenn ich die gesamte Bevölkerung der Insel betrachte sind wir in der Lage, unseren Verpflichtungen nachzukommen? Martin hat eine Gesamtsumme von 1500 Euro gedruckt. Im Ganzen verlangt er von uns 1620 Euro. Wenn wir ihm auch alles sich auf der Insel befindliches Geld bringen würden, wären das nur 1500 Euro und nicht 1620 Euro. Niemand hat die übrigen 120 Euro gedruckt. Wir erzeugen Produkte, kein Geld. Martin kann also die ganze Insel in seinen Besitz bringen, weil wir nicht alle das Kapital und die Zinsen zurückerstatten können. Wenn die, für die es möglich ist, das Geld zurückzahlen, ohne sich um die anderen zu kümmern, werden einige sofort zu Fall kommen, andere werden überleben. Aber die anderen werden auch drankommen und der Bankier wird alles bekommen. Es ist besser, wenn wir uns sofort einigen und die Angelegenheit auf eine soziale Weise regeln.”
Thomas hat keine Mühe, die anderen davon zu überzeugen, dass Martin sie betrogen hat. Sie kommen zu dem Schluss, dass sie sich bei dem Bankier treffen müssen.
 
Das Entgegenkommen des Bankiers
Martin errät ihre Gedanken, lässt sich aber nichts anmerken. Der impulsive Franz äußert sich:
“Wie können wir Ihnen 1620 Euro bringen, wenn es nur 1500 Euro auf der ganzen Insel gibt?“
„Das nennt man den Zins, meine guten Freunde. Hat sich Ihre Produktion nicht erhöht?“
„Doch, aber das Geld hat sich nicht vermehrt. Und Sie verlangen ja gerade das Geld, und keine Produkte. Sie allein können Geld herstellen. Aber Sie drucken nur 1500 Euro und verlangen von uns 1620 Euro. Das ist unmöglich!“
„Warten Sie doch, meine Freunde! Die Bankiers fügen sich immer den Umstanden, um den Kunden entgegenzukommen… Ich verlange nur die Zinsen von Ihnen. Nur 120 Euro. Sie werden das Kapital weiterbehalten.“
„Sie erlassen uns unsere Schuld?“
„Nein. Leider erlässt ein Bankier nie eine Schuld. Sie bleiben mir das ganze Ihnen ausgeliehene Geld schuldig. Sie zahlen mir jedes Jahr nur die Zinsen, ich werde Sie nicht zur Rückerstattung des Kapitals drängen. Einige unter Ihnen werden manchmal die Zinsen nicht zahlen können, weil das Geld von einem zum anderen geht. Richten sie sich doch zu einer Nation ein und kommen Sie über ein Kollektivsystem überein. Das nennt man besteuern. Sie können die, die mehr Geld haben, mit einer größeren Steuer belegen. Sofern Sie mir den Gesamtbetrag der Zinsen geben, bin ich zufrieden und Ihrer Nation wird es gut gehen.”
Unsere fünf Freunde ziehen sich fast beruhigt aber nachdenklich zurück.

Martins Ekstase
Martin ist allein. Er denkt in Ruhe nach und zieht den folgenden Schluss: “Meine Geschäfte laufen gut. Gute Arbeiter, diese Männer, aber unwissend. Ihre Unwissenheit und ihre Leichtgläubigkeit bilden meine Stärke. Sie wollten Geld, ich habe sie betrogen. Oh! Großer Bankier, ich fühle, wie dein Genie von mir Besitz ergreift. Du hast es ja gesagt, edler Meister: «Man überlasse mir die Kontrolle des Geldes einer Nation und ich lache diejenigen aus, die die Gesetze machen.» Ich bin der Herrscher der Insel der Schiffbrüchigen, weil ich das Währungssystem kontrolliere. Ich könnte ein Universum regieren. Was ich hier tue, könnte ich auf der ganzen Welt tun. Wenn ich eines Tages von dieser Insel wegkommen sollte, weiß ich, wie ich die Welt regieren kann.“
So setzt sich die ganze Struktur des Banksystems in Martins erfreuten Geist fest.

Krise wegen des teuren Lebens
Die Situation wird auf der Insel der Schiffbrüchigen von Tag zu Tag schlimmer. Die Produktivität kann noch so sehr steigen, es wird immer weniger ausgetauscht. Martin zieht seine Zinsen regelmäßig an sich. Er muss daran denken. Geld für sich zu sparen. Das Geld läuft schlecht um. Diejenigen, die die meisten Steuer zahlen, schimpfen auf die anderen und treiben zur Entschädigung ihre Preise in die Höhe. Die ärmeren. die keine Steuer bezahlen, schimpfen auf die hohen Lebenskosten und kaufen weniger. Die Stimmung sinkt, die Lebensfreude vergeht. Man empfindet keine Freude mehr an der Arbeit. Wozu auch? Die Produkte verkaufen sich schlecht; werden sie verkauft, müssen Steuern an Martin abgegeben werden. Es ist die Zeit der Krise. Jeder beschuldigt seinen Nachbarn, nicht genügend Tugenden zu haben und des teuren Lebens schuldig zu sein. Eines Tages denkt Heinrich in seinem Obstgarten über die Lage nach und findet, dass der „Fortschritt“, der durch das Währungssystem des Bankiers gebracht wurde, alles auf der Insel verdorben hat. Heinrich entschließt sich, seine Kumpels zu überzeugen und zu vereinen. Er fängt bei Jakob an, wo er sein Ziel rasch erreicht: „Ich bin kein intelligenter Mann, aber ich fühle es schon lange: das System dieses Bankiers ist fauler als der Misthaufen meines Stalls vom letzten Jahr“  sagt Jakob.
Er gewinnt sie alle und eine weitere Unterredung mit Martin wird abgemacht.

Beim Kettenschmied
Beim Bankier kommt es zu einem heftigen Streit.
“Dieses Geld ist etwas Seltenes auf dieser Insel, Herr Martin, weil Sie es uns wegnehmen. Wir zahlen und zahlen und sind Ihnen noch ebenso viel schuldig wie am Anfang. Wir arbeiten, die Erde ist dadurch sehr schön geworden, aber unsere Lage ist schlimmer als vor Ihrer Ankunft. Schulden! Schulden! Schulden bis über den Kopf!“
„Aber, aber meine Freunde! Denken Sie doch mal nach. Ihre Erde ist nur dank meiner Anwesenheit so schön. Ein gutes Währungssystem ist der beste Besitzstand eines Landes. Um daraus Nutzen zu ziehen, muss man zunächst Vertrauen zum Bankier haben. Kommen Sie zu mir wie zu einem Vater. Sie wollen mehr Geld! Gut. Mein Gold ist sehr viel mehr als 300 Euro. Ich werde Ihr neues Eigentum mit einer Hypothek belasten und Ihnen sofort weitere 1500 Euro leihen.“
„Zweimal mehr Schulden ? Jedes Jahr zweimal so viel Zinsen bezahlen, ohne aufzuhören?“
„Ja, aber ich werde Ihnen noch mehr leihen, solange Sie Ihre Bodenschätze entwickeln; und Sie werden mir immer nur die Zinsen zurückzahlen. Sie werden die Geldaufnahmen anhäufen, was Sie die unkündbare Schuld nennen werden. Schuld, die jedes Jahr größer sein wird. Aber Ihr Gehalt wird auch höher sein. Dank meiner Darlehensschulden wird sich Ihr Land entwickeln.“
„Das bedeutet, je mehr wir erzeugen werden, desto mehr wird unsere Gesamtschuld steigen?“
„Genau wie in allen zivilisierten Ländern. Die Staatsschuld ist ein Barometer des Wohlstands.“
 
Der Wolf frisst die Lämmer
“Was ist das, was Sie gesundes Geld nennen, Herr Martin? Eine Staatsschuld, die erforderlich und unbezahlbar geworden ist, ist ungesund.“
„Meine Herren, jedes gesunde Zahlungsmittel muss nach dem Gold berechnet werden und als Schuld aus der Bank kommen. Die Staatsschuld ist eine gute Sache: sie setzt die Regierungen unter die in dem Bankier verkörperte Weisheit. Als Bankier bin ich eine Fackel der Zivilisation in Ihrer Insel.“
„Herr Martin, wir sind keine gelehrten Menschen, aber wir wollen keine solche Zivilisation hier. Wir werden keinen Cent mehr von Ihnen annehmen. Gesundes oder ungesundes Geld, wir wollen nichts mehr mit Ihnen zu tun haben.“
„Ich bedaure diese ungeschickte Entscheidung, meine Herren. Wenn Sie sich von mir trennen wollen, ich habe Ihre Unterschriften. Erstatten Sie mir sofort das Kapital und die Zinsen.“
„Das ist unmöglich, Herr Martin. Wenn wir Ihnen auch das ganze Geld der Insel geben würden, wären wir nicht schuldenfrei.“
„Da kann ich nichts dafür. Haben Sie unterschrieben, ja oder nein? Ja? Also ergreife ich hiermit Ihr gesamtes verpfändetes Eigentum auf Grund der Heiligkeit der Verträge, so wie es zu jener Zeit vereinbart wurde, in der Sie so froh waren, mich zu kennen. Wenn Sie der Übermacht des Geldes nicht freiwillig dienen wollen, dann werden Sie es widerwillig tun. Sie werden die Insel weiter bewirtschaften, aber für mich und unter meiner Bedingungen. Gehen Sie jetzt. Ich werde Ihnen morgen meine Befehle erteilen.”

Die Kontrolle der Zeitungen
Martin weiß, dass derjenige, der das Währungssystem einer Nation kontrolliert, die Nation kontrolliert. Er weiß jedoch auch, dass die Bevölkerung in der Unwissenheit bleiben und mit etwas anderem beschäftigt werden muss, um diese Kontrolle aufrechtzuerhalten. Martin hat bemerkt, dass von den fünf Inselbewohner zwei konservativ und drei liberal sind. Das kommt zum Vorschein, wenn die fünf abends miteinander sprechen, hauptsächlich seitdem sie seine Sklaven geworden sind. Zwischen den Blauen und den Roten beginnen Streitereien. Von Zeit zu Zeit schlägt Heinrich eine Volksmacht vor, um die führenden Männer unter Druck zu setzen. Eine gefährliche Macht für jede Diktatur. Martin wird sich daher bemühen, ihre politische Uneinigkeit so gut wie möglich zu vergrößern. Er benutzt seine kleine Presse und lässt zwei Wochenzeitungen erscheinen: „Die Sonne“ für die Roten, „Der Stern“ für die Blauen. „Die Sonne“ sagt im Wesentlichen: wenn Sie nicht mehr Herr bei Ihnen sind, sind die zurückgebliebenen Blauen, die immer hinter dickem Gewinn her sind, daran schuld. „Der Stern“ sagt im wesentlichem: Ihre Staatsschuld ist das Werk dieser verfluchten Roten, die immer auf politischen Abenteuer aus sind. Deshalb zanken sich unsere zwei politischen Fraktionen noch mehr und vergessen dabei den wahren Kettenschmied.

Ein wertvolles Wrack
Eines Tages entdeckt der Schürfer Thomas eine am Ende der Insel durch hohes Gras versteckte Rettungsschaluppe ohne Ruder, ohne Dienstzeichen außer einer relativ gut erhaltenen Kiste. Er öffnet die Kiste: Sie enthält Wäsche und einige Kleinigkeiten. Aber Thomas Aufmerksamkeit fällt auf einen Bildband.
Neugierig setzt er sich hin und öffnet den Band. Er liest, verschlingt es und erstrahlt:
„Genau das hätten wir schon lange wissen müssen“ ruft er.
„Das Geld zieht seinen Wert überhaupt nicht aus dem Gold, sondern aus den Produkten, die mit Geld gekauft werden können.“
Geld kann ein einfaches Rechnungswesen sein, in dem die Kredite je nach Ein- und Verkaufen von einem Konto zum anderen überwiesen werden. Jede Produktionssteigerung muss einer gleichwertigen Gelderhöhung entsprechen… Nie keine Zinsen auf frisch entstandenes Geld bezahlen… Der Fortschritt entspräche nicht einer Staatsschuld, sondern einer Dividende, die für alle gleich wäre… Die Preise wären der Kaufkraft durch einen Preiskoeffizienten angewiesen. Thomas hält es nicht mehr aus. Er steht auf und läuft zu seinen vier Freunden, um ihnen über seine erstaunliche Entdeckung zu berichten.

Geld, ein einfaches Rechnungswesen
Thomas lehrt die anderen:
„Das hätten wir schon lange tun können, ohne den Bankier, ohne Gold, ohne Unterschrift, ohne Schuld. Ich eröffne ein Konto im Namen eines Jeden von euch. Rechts, der Kredit, was dem Konto gutgeschrieben wird, links, das Schuldenkonto, mit dem das Konto belastet wird. Beschließen wir einfach zusammen, 300 Euro jedem Konto gutzuschreiben. Jeder besitzt sofort 300 Euro.
Franz kauft bei Paul Produkte für 15 Euro. Ich ziehe 15 Euro bei Franz ab, es bleiben ihm 285 Euro Ich schreibe Paul 15 Euro gut, er besitzt jetzt 315 Euro.  Jakob kauft bei Paul für 12 Euro ein. Ich ziehe 12 Euro bei Jakob ab, er behält 288 Euro. Paul besitzt dann 327 Euro.  Paul kauft bei Franz für 22 Euro ein. Ich ziehe bei Paul 22 Euro ab, es bleiben ihm 305 Euro; ich schreibe Franz 22 Euro gut, ihm stehen also 307 Euro zur Verfügung, usw. Von einem Konto zum anderen geht es weiter, genau wie Banknoten von einer Tasche zur anderen wandern.  Braucht einer unter uns Geld, um seine Produktion zu steigern, eröffnen wir mit ihm den nötigen Kredit, ohne Zinsen. Er zahlt den Kredit zurück, sobald er seine Produktion verkauft hat.  Das gilt auch für die öffentlichen Bauarbeiten. Wir schreiben auch regelmäßig jedem Konto eine zusätzliche Summe gut, ohne jemandem etwas abzuziehen, was dem sozialen Fortschritt entspricht. Das ist die nationale Dividende. Das Geld ist daher ein Dienstinstrument.“

Die Verzweiflung des Bankiers
Alle haben verstanden. Die Siedlung ist eine Gutschriftnation geworden. Am folgenden Tag bekommt Martin einen von den fünf Männern unterschriebenen Brief:
„Herr Martin, Sie haben uns ohne Grund verschuldet und ausgenutzt. Wir brauchen Sie nicht mehr, um unser Währungssystem zu verwalten. Wir werden von nun an alles Geld haben, das wir brauchen, ohne Gold, ohne Schulden, ohne Dieb. Wir führen sofort dieses neue System auf der Insel ein. Die nationale Dividende wird die Staatsschuld ersetzen.  Wenn Sie auf die Rückzahlung bestehen, können wir Ihnen das ganze Geld, das Sie für unsgemacht haben, zurückgeben, aber mehr nicht. Sie können nicht etwas verlangen, was Sie gar nicht hergegeben haben.“
Martin ist verzweifelt. Sein aufgebautes Reich bricht zusammen, Die fünf Männer haben alles verstanden. „Was nun ? Sie um Entschuldigung bitten? Werden, wie sie? Ich, ein Bankier? Nein. Eher werde ich versuchen, ohne sie anzukommen und abseits von ihnen zu leben.“
 
Der enthüllte Betrug
Um sich gegen eine mögliche künftige Beschwerde zu schützen, haben unsere Männer entschieden, dem Bankier ein Dokument unterschreiben zu lassen, das bestätigt, dass er noch alles besitzt, was er bei seiner Ankunft bei sich hatte. Das gesamte Inventar: die Schaluppe, die kleine Presse und das berühmte Fass. Martin musste den Ort angeben und das Fass wurde ausgegraben. Unsere Männer ziehen es aus dem Loch mit viel weniger Respekt diesmal. Während der Schürfer das Fass hochhebt, denkt er, dass es für Gold nicht sehr schwer sei. „Ich bezweifle sehr, dass dieses Fass voll Gold ist“ sagt er.
Der stürmische Franz zögert nicht länger. Einen Axtschlag und das Fass gibt seinen Inhalt preis: kein Gramm Gold darin. Felsbrocken! Lauter wertlose, gewöhnliche Steine! Unsere Männer können es nicht fassen.
„Wenn man bedenkt, dass er uns so irregeführt hat, der Schuft! Mussten wir auch blöd sein, um vor dem Wort GOLD in Ekstase zu geraten!  Wenn man bedenkt, dass wir ihm unser ganzes Eigentum verpfändet haben, wegen paar Papierfetzen. die auf vier Schaufeln Steinen beruhten. Ein Dieb und zugleich ein Lügner! Wenn man bedenkt, dass wir böse miteinander waren und uns monatelang wegen solch einem Betrug gehasst haben ! Zum Teufel mit ihm!“
Franz hatte kaum seine Axt gehoben, da lief der Bankier so schnell er konnte in den Wald hinein.

Das System „Schulden-Geld“
Das System Schulden-Geld, das von Martin auf der Insel der Schiffbrüchigen eingeführt wurde, brachte die kleine Gemeinschaft dazu, sich finanziell zu verschulden, während sie durch ihre Arbeit zur Entwicklung und Bereicherung der Insel beitrug. Ist das nicht genau, was in den zivilisierten Ländern geschieht?
Heutzutage ist Deutschland bestimmt reicher an echtem Wohlstand als vor 50 oder 100 Jahren. Dabei haben die Deutschen noch nie in ihrer Geschichte mehr Steuern gezahlt als heute – mehr als 500 Milliarden Euro im Jahr. Die Staatsquote erreicht 45,5 Prozent. Vor 100 Jahren machten die Staatsausgaben bescheidene zehn Prozent der Wirtschaftsleistung aus, vor 50 Jahren waren es erträgliche 30 Prozent, heute dagegen ist es fast die Hälfte. Und doch hat genau diese deutsche Bevölkerung im Verlauf der Jahre diesen Wohlstand zustande gebracht. Wieso sollte man sie dann für den Erfolg ihrer Arbeit verschulden lassen?
Betrachten Sie zum Beispiel den Fall der Schulen, der städtischen Wasserleitungen, der Brücken und Straßen.  Wer baut sie? Arbeiter des Landes. Wer liefert das Material? Fabrikanten des Landes. Und warum können sie solche Bauarbeiten unternehmen? Weil andere Arbeiter für sie Nahrung, Kleider und Schuhe herstellen, oder Dienste leisten, die die Arbeiter und Fabrikanten verwenden können.
Daher versteht es sich, dass die gesamte Bevölkerung durch ihre vielfältige Arbeit all diesen Wohlstand produziert. Lässt sie Waren aus dem Ausland kommen, dann nur als Gegenleistung für die Produkte, die sie ins Ausland ausführt.
Was stellen wir fest? Überall belegt man die Bürger mit einer Steuer, um diese Schulen, Krankenhäuser, Brücken und Straßen zu bezahlen. Man lässt also die Bevölkerung gemeinsam für das zahlen, was sie erzeugt hat.

Mehr als den Preis bezahlen
Und hier hört es noch nicht auf. Die Bevölkerung muss mehr als den Preis für das, was sie selbst produziert hat, bezahlen. Ihre Produktion, die wahre Bereicherung, wird für sie zu einer mit Zinsen belasteten Schuld. Im Laufe der Jahre kann die Summe der Zinsen dem Betrag der durch das System aufgedrängten Schuld gleichkommen oder sogar überschreiten. Es geschieht auch, dass die Bevölkerung 2 oder 3 Mal den Preis von dem, was sie selbst erzeugt hat, bezahlen muss. Außer den Staatsschulden gibt es auch Schulden der Industrie, die ebenfalls auf Zinsen belastet sind. Sie zwingen den Industriellen, den Unternehmer seine Preise zu erhöhen, um das Kapital und die Zinsen erstatten zu können, andernfalls würde er in Konkurs geraten.
Ob Staatsschulden oder industrielle Schulden, das Volk muss immer alles dem Finanzsystem zahlen: Steuer, wenn es sich um die Staatsschuld handelt, Preise, wenn es sich um die industriellen Schulden handelt. Die Preise schwellen an, während die Steuern den Geldbeutel leeren.
 
Ein tyrannisches System
Das alles und auch andere Dinge bestimmen ein Währungssystem, das Befehle gibt anstatt zu dienen, und die Bevölkerung beherrscht, wie Martin die Männer der Insel beherrschte, bevor sie sich gegen ihn erhoben.
Was geschieht, wenn die Geldkontrolleure sich weigern, zu leihen, oder wenn sie den Unternehmen und den öffentlichen Firmen zu hohe Bedingungen stellen? Es geschieht, dass die öffentlichen Firmen dringende Baupläne aufgeben; es geschieht, dass die Unternehmer auf Entwicklungen oder Herstellung, die jedoch ihrem Bedarf entsprechen würden, verzichten. Und das wegen der Arbeitslosigkeit. Um zu verhindern, dass die Arbeitslosen ganz sterben, muss man diejenigen mit einer Steuer belasten, die noch etwas besitzen oder ein Einkommen haben.
Kann man sich ein schlimmeres System ausdenken, dessen Hexerei sich auf ein ganzes Volk auswirkt?
 
Ein Hindernis zur Verteilung
Das ist noch nicht alles. Wenn auch alle Geschäfte und Lager voll sind, wenn man auch alles besitzt, um die Produktion noch mehr zu steigern, die Verteilung der Produkte bleibt rationiert. Man muss tatsächlich die Waren, die man erhalten will, bezahlen. Um eine Menge Waren einzukaufen, braucht man eine Menge Geld in den Geldbeuteln. Das ist aber nicht der Fall. Das System gibt den Produkten immer mehr Wert, als dass es Geld in die Beutel des Volkes steckt, das diese Waren benötigt. Die Fähigkeit zu bezahlen entspricht nicht der Fähigkeit zu erzeugen. Das Geldwesen stimmt nicht mit der Wirklichkeit überein. Die Wirklichkeit ist eine reichliche und einfach zu erzeugende Ware. Das Währungssystem rationiert Geld.
 
Das Geld der Wirklichkeit angemessen
Das aktuelle Geldsystem ist also wirklich ein Strafsystem, anstatt ein Dienstsystem zu sein. Das bedeutet nicht, dass er beseitigt, sondern verbessert werden muss. Martins Geld hatte auf der Insel der Schiffbrüchigen keinen Wert gehabt, wenn es keine Produkte darauf gegeben hätte. Auch wenn sein Fass wirklich mit Gold gefüllt gewesen wäre, was hätte man mit Gold auf einer Insel ohne Produkte kaufen können? Gold, Papiergeld oder irgendwelche Zahlenbeträge in Martins Buch hatten niemanden nähren können, wenn es keine Nahrungsmittel gegeben hätte. Das gilt auch für die Kleidung und den Rest. Aber es gab Produkte auf der Insel. Diese Produkte stammen aus den Naturquellen und der Arbeit der kleinen Gemeinschaft. Der wahre Reichtum, der allein dem Geld seinen Wert gegeben hat, war das Eigentum der Bewohner der Insel, und nicht der ausschließliche Besitz des Bankiers Martin. Martin hat sie für das, was sie besaßen, in Schulden gestürzt. Sie haben es verstanden, als sie das Buch fanden. Sie haben verstanden, dass das ganze Geld, der finanzielle Kredit, nach dem Gesellschaftskredit selbst berechnet wird und nicht nach dem Geldgeschäft des Bankiers. Das Geld sollte ihr Eigentum sein in dem Moment, in dem es gedruckt wurde; also hätte der Bankier es ihnen geben, verteilen sollen, wenn es dann auch von den Einen zu den Anderen je nach der Produktion wandern sollte.
Die Geldfrage wurde von da an für sie, was sie in Wirklichkeit ist: eine Buchhaltungsfrage.
Das erste, was von einer Buchhaltung verlangt wird, ist die Genauigkeit, die Übereinstimmung mit dem, was sie ausdrückt. Das Geld muss mit der Produktion oder der Vernichtung des Reichtums übereinstimmen. Die Schwankungen des Reichtums kontrollieren: Reiche Produktion, viel Geld; leichte Produktion, leicht erworbenes Geld; automatische Produktion, automatisch verdientes Geld; Gebührenfreiheit in der Produktion, Gebührenfreiheit im Geld.
 
Das Geld für die Produktion
Das Geld muss im Dienst der Hersteller stehen, sobald sie es brauchen, um die Produktionsmittel zu mobilisieren. Das Geld muss im Dienst der Staats – und Privatproduktion stehen. Alles, was menschlich möglich ist, um die berechtigten Bedürfnisse der Bevölkerung zu befriedigen, soll finanziell möglich gemacht werden.
Das wäre das Ende der Alpträume der öffentlichen Körperschaften. Es wäre auch das Ende der Arbeitslosigkeit und ihrer Entbehrungen, solange es noch Produkte zu erzeugen gibt, um die Bedürfnisse der Bevölkerung zu befriedigen.
 
Dividende für jeden
Komplementärwährungen ermöglichen die Verteilung einer periodischen Dividende an alle. Sagen wir eine Geldsumme, die jeden Monat allen Leuten in Abhängigkeit ihrer Arbeit gegeben wird – genau wie die Dividende, die dem Kapitalisten überwiesen wird, auch wenn er nicht persönlich arbeitet.
Man erkennt, dass der Kapitalist, der Geld in ein Unternehmen investiert, das Recht auf ein Einkommen hat; man nennt es Dividende. Andere Personen benutzen sein Kapital und werden dafür durch Löhne bezahlt. Dennoch zieht der Kapitalist sein Einkommen von der einzigen Anwesenheit seines Kapitals im Unternehmen. Wenn er persönlich dort arbeitet, dann bezieht er zwei Einkommen: einen Lohn für seine Arbeit und eine Dividende für sein Kapital.
Komplementärwährungen betrachten alle Glieder der Gesellschaft als Kapitalisten. Alle besitzen gemeinsam ein wahres Kapital, das der modernen Produktion viel mehr beiträgt als das Geldkapital oder die individuelle Arbeit der Angestellten.

Was ist das für ein Gemeinschaftskapital?
Es gibt zuerst die Naturprodukte des Landes, die niemand erzeugt hat. Dann gibt es die Gesamtheit des Wissens, der Erfindungen, Entdeckungen und Produktivitätssteigerungen, die von einer Generation zur nächsten übermittelt werden. Diese gemeinsame, von den vergangenen Generationen erhaltene Erbschaft wird von unserer Generation benützt und noch weiter entwickelt, um sie der nächsten weiterzugehen. Sie ist nicht der exklusive Besitz einer Person, sondern ein Gesellschaftsgut.
Natürlich brauchen wir Hersteller, die einen Gewinn aus diesem Kapital ziehen und durch ihre Löhne dafür bezahlt werden. Das Kapital selbst muss jedoch seinen Besitzern, d.h. allen Staatsbürgern, die ebenso Miterben der vergangenen Generationen sind, Dividende bringen.
Da dieses Gesellschaftskapital der größte Faktor der modernen Produktion ist, sollte die Dividende fähig sein, jedem mindestens das zu verschaffen, was er am nötigsten braucht. Außerdem sollte der durch die Dividende gegebene Anteil immer größer werden, während die Mechanisierung, die Motorisierung und die Automation in der Produktion einen immer größeren Platz einnehmen, mit immer weniger mühsamer menschlicher Arbeit.
Das ist eine ganz andere Art, sich die Verteilung der Reichtümer vorzustellen, als die heute angewandte. Anstatt die Leute und die Familien in einer düsteren Not zu lassen oder diejenigen mit einer Steuer zu belasten, die verdienen, um den in der Produktion nicht mehr notwendigen Leuten zu helfen, wären sich alle ein Grundeinkommen durch die Dividende sicher. Eine bessere Verteilung an der Quelle.
Eine Dividende für alle und einen jeden: das ist die glänzendste, wirtschaftliche und soziale Formel, die je einer Welt vorgeschlagen wurde, deren Problem nicht die Produktion sondern die Verteilung der Produkte ist.
 
Quelle: Louis EVEN „Die Pilgrims von Str. Michael“