Wir befinden uns in einer globalen, ökonomischen und ökologischen Krise. Im Chinesischen besteht das Schriftzeichen für Krise aus den beiden Zeichen für Gefahr und Chance. Gefahr macht uns wach. In dem Moment wo sie erkannt ist, kann man ihr begegnen, um etwas verändern. Das Tabu, das Schweigen, verschlimmert den Zustand – es ist eine Gefahr ohne Chance.
Probleme werden dann zur Gefahr, wenn sie nicht offengelegt werden und ins allgemeine Bewusstsein kommen. Es geht darum, Probleme anzusprechen, bevor es Lösungsvorschläge gibt, um eine wirklich tragfähige Lösung in einer Gemeinschaft zu kreieren. Denn nur dann verbinden sich alle Betroffenen auch emotional mit der Situation und bringen ihre Gedanken und Fähigkeiten mit ein, so dass sich eine gemeinsame Lösung entwickeln kann.

Menschen schrecken oft davor zurück, Probleme offen anzusprechen, wenn sie nicht gleichzeitig die Lösung präsentieren können. Hat jemand keine Vorschläge und Lösungen parat, wird dies als Zeichen der Schwäche gedeutet. Dabei bedarf es einer besonderen Stärke diese Tatsache auszuhalten und sich auf einen Prozess einzulassen, für den es noch keine Lösung gibt.

Der erste Schritt im Prozess liegt im vollständigen Sichtbarmachen eines Problems. Bevor wir nicht wirklich in das Problem eingetaucht sind und es in allen Facetten betrachtet und gefühlt haben, kann gar nicht die richtige Lösung auftauchen. Dies erfordert allerdings eine andere Einstellung zu Problemen. Sie sind keine Hindernisse, die es möglichst schnell zu überwinden gilt, um wieder zum Tagesablauf zurückzukehren, sondern Wegweiser zu einem notwendigen und wünschenswerten Wandel.

Schnelle Ratschläge, die nur das Symptom betreffen, gibt es viele. Aber diese führen nicht zur Lösung, sondern verschieben das Problem und dessen Ursache in die Zukunft. Wenn wir uns hingegen mit den Fragen auf einer tieferen Ebene verbinden und uns auf den Prozess einlassen, entstehen tragfähige Lösungen. Lösungen, an die wir gar nicht gedacht haben, Antworten aus dem Raum des kollektiven Unbewussten.
Bezogen auf unsere Wirtschaft stellt sich mir nicht die Frage, wie wir das derzeitige System noch weiter künstlich am Leben erhalten können, sondern wie wir es schaffen, ein Zusammenleben, in dem die materiellen und emotionalen Bedürfnisse des Menschen erfüllt sind, zu ermöglichen. Wenn wir die Frage zulassen, würden wir vielleicht in eine Diskussion darüber kommen, was wir eigentlich wirklich wollen und nicht darüber, was die Wirtschaft möchte. Die Wirtschaft ist für den Menschen da und nicht umgekehrt. Dabei hat die Wirtschaft nicht die Aufgabe, neue Arbeitsplätze zu schaffen, sondern, die Menschen von der Arbeit zu befreien!
Wofür will ich meine Energie in der Gesellschaft einsetzen? Und wie können wir mit den Menschen, mit denen wir zusammen sind, Gemeinschaft erzeugen? Wie können wir dazu beitragen, dass aus einer Gruppe Individuen eine Gemeinschaft entsteht, in der Unterstützung und Solidarität herrscht? Wie entsteht eigentlich ein Miteinander, das auf Respekt und Vertrauen aufbaut und nicht auf Konkurrenzdenken und Kampf? Konkurrenz und Kampf entstehen immer wieder, wenn wir Komplexität nicht aushalten und daher zu schnelle Lösungen suchen, wenn bei Konflikten nur ein „entweder – oder“ möglich scheint. Sieg oder Niederlage. Wenn wir aus diesem Muster aussteigen und gemeinschaftlich zu denken beginnen, entsteht eine Sicht- und Fühlweise, die „sowohl als auch“-Lösungen kreiert.