Anlageberater verhelfen Privatleuten einer Studie zufolge nicht zu höheren Renditen. Dabei war es egal, ob die Anleger auf die Dienste einer Bank vertrauten oder unabhängige Finanzberater in Anspruch nahmen.
(ddp) Wissenschafter der Universitäten Frankfurt am Main und Neapel wiesen in der betreffenden Untersuchung nach, dass sich im Schnitt die Depots der Anleger, die Beratung in Anspruch nahmen, in beiden Fällen nicht besser entwickelten als Depots vergleichbarer Anleger, die sich nicht beraten liessen.
«Die Ergebnisse lassen sich darauf zurückführen, dass die Berater die systematischen Anlagefehler ihrer Kunden nicht ausreichend korrigieren und häufig auch höhere Kosten produzieren», erklärte der Frankfurter Finanzprofessor Andreas Hackethal. Als Grundlage der Untersuchung dienten den Angaben zufolge Anlegerdaten von einer großen deutschen Bank sowie einem grossen Online-Broker mit angeschlossenen unabhängigen Finanzberatern.
Beratung nutzt vor allem der Bank
Die Studie beschäftigt sich mit der falschen Anreizstruktur für Anlageberater, für die der Kundennutzen nicht an oberster Stelle steht. So zeigt die Untersuchung etwa, dass Kunden nach einer Beratung deutlich mehr Umschichtungen an ihrem Depot vornehmen – mit entsprechenden Verwaltungskosten. Ein anderes Forschungspapier der Frankfurter Uni belegt demnach, dass Anleger, die sich eng an die Empfehlungen ihrer Bankberater halten, der entsprechenden Filiale zu 20 Prozent höheren Einnahmen verhelfen.
Dennoch scheint den Forschern eine staatliche Regulierung keine angemessene Lösung zu sein. Eine weitere Untersuchung habe ergeben, dass viele Kunden selbst qualifizierte Beratungsangebote meiden und lieber auf ihr eigenes, im Durchschnitt mässiges Anlagegeschick vertrauen. Die Studie zeige, dass Anleger das Angebot einer kostenlosen, unabhängigen und konfliktfreien Anlageberatung – der Berater hatte hier keinen finanziellen Anreiz, bestimmte Produkte zu empfehlen – zu 95 Prozent nicht wahrnehmen.
Skepsis angebracht
Von den verbleibenden fünf Prozent setzte nur etwa die Hälfte die Empfehlungen des qualifizierten Beraters um, wie die Wissenschaftler herausfanden. Und selbst diese Hälfte tue dies in nahezu keinem Fall vollständig, obwohl die Empfehlungen durchweg zu einer verbesserten Performance geführt hätten.
Eine Regulierung, die ausschließlich auf der Angebotsseite von Anlageberatung ansetzt, ohne die beschriebenen Probleme auf der Nachfrageseite zu berücksichtigen – wie etwa die ab Juli einzuführenden Produktinformationsblätter – könnte damit ihr Ziel verfehlen, heisst es im Fazit der Experten. «Die Studienergebnisse lassen Skepsis angebracht erscheinen, ob Produktinformationsblätter den erhofften Transparenz- und Lerneffekt bringen», erklärte Hackethal. Eigentlich sollen diese Infoblätter es den Verbrauchern ermöglichen, auf einen Blick die Chancen und Risiken einer Geldanlage zu erkennen.
Die Untersuchungen zeigen demnach auch, welcher Personenkreis typischerweise Anlageberatung in Anspruch nimmt. So suchen überwiegend ältere, wohlhabendere und erfahrenere Investoren einen Berater auf. «Nach unseren Ergebnissen sollte man die Vermutung korrigieren, dass sich Finanzberatung vor allem an unerfahrene und deshalb besonders schützenswerte Investoren richtet», erklärte Hackethal.
Erschienen in der „Neue Zürcher Zeitung AG“