Seit 20 Jahren gibt es die Riester-Rente – und wurde immer wieder reformiert. Das Ergebnis: Das Modell erweist sich als nicht reformierbar, das Produkt ist und bleibt unrentabel. Folgt nun ein drastischer Systemwechsel?
Dieser runde Geburtstag ist kein Anlass zur Freude: Vor 20 Jahren hob der Bundestag mit dem Altersvermögensgesetz die staatlich geförderte Riester-Rente zur Förderung der Altersvorsorge aus der Taufe. Es folgten zahlreiche Versuche, das Produkt an die Anforderungen anzupassen und wettbewerbsfähig zu machen. Heute konstatieren Verbraucherschützer, dass die Riester-Rente nicht reformierbar sei – und die Zahlen geben ihnen Recht.
Riester-Rente: sinkende Nachfrage – fehlende Akzeptanz
Ein Blick auf die Statistik macht klar: Bereits seit einigen Jahren sinkt die Anzahl der laufenden Riester-Verträge – und zwar über alle Produktgattungen hinweg.
Quelle: https://www.bmas.de/DE/Service/Statistiken-Open-Data/Statistik-zu-Riester-Vertraegen/statistik-zusaetzliche-altersvorsorge.html
Die anfängliche Begeisterung scheint verflogen, von den aktuell rund 16,5 Millionen Riester-Verträgen sind bereits 20 Prozent beitragsfrei gestellt – Tendenz steigend. Zu teuer sei diese Altersvorsorge, zu unrentabel und zu aufwendig – auch Anbieter ziehen sich zunehmend aus diesem Geschäftsfeld zurück. Der Bund der Versicherten konstatiert, dieses Modell sei nicht nur ineffizient und intransparent, sondern vor allem handwerklich schlecht gemacht. Mit der sinkenden Rendite hätten viele Sparer*innen die Lust verloren, die beabsichtigte Unterstützung der Altersvorsorge ist also verpufft. Wie soll es aber weitergehen?
Fünf-Punkte-Plan als Rettungsversuch der Branche
Auch die einschlägigen Verbände der Versicherer, Investmentfondsgesellschaften und Bausparkassen sehen die Probleme. Mit einem Fünf-Punkte-Plan soll der Entwicklung gegensteuert werden. Dieser sieht kostengünstige Standardprodukte vor – und vor allem die Einbeziehung der Selbständigen in den Kreis der Förderberechtigten. Zentraler Punkt des Rettungsversuches ist jedoch die notwendige Verbesserung der Transparenz in puncto Förderung, die Regeln für Zulagen und steuerliche Vergünstigungen sollen klarer kommuniziert werden. Aktuell ist dies wohl eher ein Anlass zur Frustration, denn jährlich müssen 800.000 Sparer Förderungen zurückführen. Der Grund: Die gezahlten Beiträge waren zu niedrig, um Anspruch auf die volle Zulage zu haben. Fatal ist, dass die Betroffenen nicht etwa gewarnt werden, nein, die Zulagen werden ausgezahlt, um sie dann teilweise zurückzuverlangen.
Aus Sicht der Verbraucherschützer taugt dieser Rettungsversuch jedoch nicht, das grundlegende Problem zu beheben: Die Riester-Verträge sind viel zu kostenintensiv – im Durchschnitt entfallen fast 25 Prozent der Beiträge auf die Kosten. Hier schlägt vor allem der Vertrieb zu Buche, der einen Großteil der Kosten für sich in Anspruch nimmt. Damit kommt ein viel zu hoher Teil der Fördergelder den Anbietern und damit der Versicherungslobby zugute – nicht jedoch den Sparer*innen.
Quo vadis, Riester-Rente?
Ob der geplante Dialogprozess mit der Versicherungsbranche zum Ziel führt, darf also bezweifelt werden. Ohnehin werden derzeit sehr unterschiedliche Vorstellungen zur Zukunft der Riester-Förderung vertreten – bis zur Bundestagswahl sind also keine grundlegenden Entscheidungen zu erwarten. Doch genau das erwarten die Anbieter dringend, um das System am Überleben zu erhalten – ansonsten droht bis zum Jahreswechsel das Aus, neue Riester-Renten ließen sich nicht mehr abschließen. Der Grund ist so einfach wie folgenreich: Mit dem neuen Jahr sinkt der für Lebensversicherungen maßgebliche Höchstrechnungszins von derzeit 0,9 Prozent auf schmale 0,25 Prozent.
Mit einem Wort: Auf den Sparanteil, also die Beiträge abzüglich der Kosten, werden nur noch 0,25 Prozent Garantiezins gerechnet. Angesichts der vom Gesetzgeber zur Zertifizierung als förderfähiges Produkt geforderten Beitragsgarantie steht die Branche vor einer schier unlösbaren Aufgabe: Wie sollen die Anbieter angesichts derart niedriger Zinsen den Erhalt der eingezahlten Beiträge garantieren? Oder gar eine Rendite erwirtschaften? So ist es nur logisch, dass sich viele Anbieter zum Jahreswechsel vom Markt verabschieden – die Riester-Rente wird es dann in dieser Form als Neu-Vertrag kaum noch geben.
Schutz für laufende Riester-Verträge gefordert
Da sind immer noch die Millionen bestehender Riester-Verträge, von denen sich die Sparer*innen so viel erhoffen – wie geht es damit weiter? Auch das muss noch geklärt werden. Verbraucherschützer fordern einen Bestandsschutz, sodass die Verträge wie bisher gefördert werden. Sobald ein neues System aufgestellt ist, sollen jedoch ein kostenfreier freiwilliger Wechsel ermöglicht werden – so zumindest der Vorschlag der Verbraucherschützer. Zunächst lohnt es sich also, die Entwicklungen abzuwarten. Vor dem Herbst 2021 wird sich an der Riester-Rente nicht viel ändern. Allerdings stehen Politik und Branche unter Zugzwang: Der Jahreswechsel rückt nämlich immer näher.