Im Leben werden wir nahezu täglich mit Problemen konfrontiert. Dabei ist es für uns wichtig, ein Problem von allen Seiten betrachtet zu lösen und eine persönliche Meinung daraus abzuleiten. Diese Meinungsbildung ist abhängig von den jeweiligen Wertvorstellungen, der Lebenslage, dem Wissen und den bisherigen Erfahrungen des Menschen. Doch wie gelangen wir zu einer fundierten, eigenen Meinung? Was ist der Motor des Denkens? Selbst die Wahrheit, also das, was die Menschen für richtig und objektiv halten, ändert sich im Laufe der Geschichte und persönlichen Entwicklung.
Bei der Wahrheitsfindung hat sich eine Vorgehensweise herausgebildet. Die Dynamik von These, Antithese und Synthese. Dies ist die Triebkraft der gesamten Entwicklung auf der Erde. Beim Menschen läuft das wie folgt ab. Zuerst hat der Mensch eine Meinung. Ob vom persönlichen Umfeld übernommen, aus der Zeitung, dem Fernsehen oder den sozialen Netzwerken. In dieser These drückt sich der aktuelle Standpunkt, die eigene Position, aus, die man zu einer Frage selbst einnimmt. In Debatten und Diskussionen wird der Mensch dann mit einer Gegenmeinung konfrontiert. Diese gegenteilige Einstellung und Meinung wird als Antithese bezeichnet. Daraus ergibt sich dann etwas Drittes, dass sich als widerspruchsfrei erweist. Dies ist dann die Synthese. Doch auch die zunächst widerspruchsfreie Synthese auf der nächsthöheren Ebene wird selbst wieder zur These und der Denkprozess beginnt von Neuem. Dies wird solange fortgeführt bis sich am Ende die Wahrheit herauskristallisiert. Der Mensch hat dieses Vorgehen verinnerlicht. Seit den frühesten Menschheitstagen lernt er nur anhand von Irrtümern und Widersprüchen dazu und macht so überlebenswichtige Erfahrungen. Doch leider hat sich in diesem evolutionären Prozess eine heimtückische Denkfalle eingeschlichen. Der Bestätigungsfehler. Nach diesem Denkmuster interpretieren Menschen neue Informationen so, dass sie mit bestehenden Überzeugungen und Weltanschauungen kompatibel sind. Das bedeutet, dass die Antithesen häufig gar nicht mehr wahrgenommen werden oder sofort ins Reich der Phantastereien, Verschwörungstheorien oder Ammenmärchen verbannt werden. Der Seelenfrieden wird durch die fehlende Auseinandersetzung mit den kruden Hirngespinsten und Verrücktheiten nicht gestört. Diese neuen Informationen, die nicht zu unserem Weltbild passen, blenden wir dann einfach aus. Unser Gehirn besitzt die Fähigkeit, diese möglichen Widerlegungen unserer eigenen Theorien innerhalb von 30 Minuten zu vergessen. Und damit wir diesen Informationen nicht mehr über den Weg laufen, halten wir uns lieber davon fern. Und das Internet hilft uns dabei. Es macht es uns heute einfach, uns mit Gleichgesinnten zusammenzutun. Wir lesen hauptsächlich Blogs, die unsere Theorien bestärken. Wir bewegen uns in Communitys von Gleichdenkenden. Doch dieses Verhalten ist kein gutes Umfeld für eine fundierte Meinungsbildung. Was können wir tun? Kämpfen Sie gegen den Bestätigungsfehler an. Schreiben Sie Ihre eigenen Überzeugungen auf. Und machen Sie sich bewusst auf die Suche nach der Widerlegung ihrer eigenen Wahrheit. Als aufgeklärtes Individuum werden Sie nicht darum herumkommen. Nur so werden sie zu einer fundierten Meinung und Weltanschauung gelangen.
„Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die Weltanschauung der Leute, welche die Welt nicht angeschaut haben.“
Alexander von Humboldt