Regel Nr. 3 des Kapitalismus: Fremde Arbeit macht reich, eigene bettelarm
Lassen Sie ihr Geld für sich arbeiten
Sie kennen doch sicherlich den Slogan der Banken: „Lassen Sie Ihr Geld für sich arbeiten!“ Nun, ich habe mal den Test gemacht und einen Hunderter an mein Arbeitsgerät – den Computer – gelegt und mich danach acht Stunden in die Sonne gelegt. Danach kam ich wieder, doch nichts war erledigt. Dann habe ich dem Geldschein ganz detailliert meine Arbeitsaufgaben geschildert und ihn direkt an die Tastatur gelegt. Aber auch das half nichts, meine Arbeit wurde einfach nicht gemacht. Auch ein Bestechungsversuch mit einem Zehner half nichts. Als ich dann nach drei Tagen Ärger mit meinem Chef bekam und dieser mit Gehaltskürzungen drohte, dämmerte es mir. Dieser Spruch war ja ganz anders gemeint!
Verdacht schöpfen
Sie haben vielleicht gedacht, mit ihren müden Zinsen ein gutes Geschäft gemacht zu haben. Nun, kurzsichtig betrachtet sah es wirklich so aus. Diese paar lächerlichen Euro, die Sie als Zinsen kassieren, dienen nämlich nur als Lockmittel – damit Sie die Kapitalismus-Regel Nr. 2 (Sie zahlen grundsätzlich die Zeche) möglichst perfekt erfüllen und keinen Verdacht schöpfen. Den Verdacht nämlich, dass Sie einen Großteil Ihrer Arbeitskraft und Lebenszeit nur für die Zinseinnahmen anderer verbrauchen!
Richtig gute Geschäfte machen nämlich diejenigen, die tatsächlich ihr Geld für sich arbeiten lassen und selbst dabei keinen Finger dafür rühren müssen. Das sind nicht etwa Sie, Ihr Chef, die mittelständischen Unternehmer oder wie man so schön sagt, die „bösen Ausbeuter“. Nein, die wahren Kapitalisten unternehmen überhaupt nichts, tun nichts und schaffen überhaupt keine Werte, geschweige denn Arbeitsplätze.
Sie verleihen nur ihr immenses Kapital, um damit ordentlich Profit zu machen und um noch mehr zu bekommen – mehr tun sie nicht. Arbeiten sollten schon die anderen, das ist doch klar. Und wenn der Profit zu gering bemessen ist, wird das Geld woanders investiert und die Allgemeinheit schaut blöd in die Röhre – so einfach ist das mit Kapitalismus-Regel Nr. 1. (Aus Geld noch mehr Geld machen); dann wird eben in China, Taiwan, Rumänien, und wer sonst noch der Profitgier nicht im Wege steht, investiert.
Wer nichts leistet, fliegt
Tja, und gemeinnützige oder soziale Arbeit, damit macht man doch wirklich keine Rendite. Die könnte man auch gänzlich einsparen. Na und nicht zu vergessen die vielen Arbeitslosen, die sind doch nun völlig unprofitabel. Wer nichts leistet, fliegt hinten über – so ist das nun mal im Kapitalismus.
Und deshalb werden die Leute, die Leistung erbringen, immer mehr gehetzt und die anderen verarmen. Gerechte Verteilung der Arbeit, na so etwas? Bringt das etwa mehr Profit?! Und auch die Diskussionen um Studiengebühren und neue Elite-Unis sind nur dazu da, aus den Fähigen noch mehr Leistung herauspressen zu können und den Rest in die Armut zu verabschieden. Was soll man auch in Leute investieren, die zu wenig Rendite einbringen?!
Ohne eine anständige Rendite wird in der Wirtschaft eben gar nichts investiert und kein Unternehmer kann etwas unternehmen und deshalb auch keine Arbeitsplatze schaffen. Und damit die Rendite immer weiter gesteigert werden kann, muss in der Wirtschaft auch immer mehr gerackert, modernisiert, rationalisiert und standardisiert werden. Maschinen können rund um die Uhr laufen, verlangen keine Sozialleistungen und sind deshalb viel effektiver als Menschen. So wurden trotz oder gerade wegen der ständigen Leistungssteigerung die Arbeitslosenzahlen seit 1960 von etwa 1,7 auf statistisch geschönte 10 Prozent gehoben, was allerdings der Renditesucht keine Probleme bereitet. Die Kosten für Arbeitslosigkeit trägt sowieso der Staat, also die Allgemeinheit oder anders gesagt, wir alle.
Damit aber auch in Zeiten schlechter Konjunktur der Rubel rollen kann, bietet man den Kapitalisten schon einiges: Der Staat und die Kommunen locken mit Fördermitteln, Investitionszuschüssen, Arbeitsmarktförderprogrammen, Bürgschaften, Sicherheiten, Steuervergünstigungen usw., damit in irgendetwas – und sei es nur eine neue völlig unnütze Straße, in Rüstung, gefährliche Atomenergie oder Flussbegradigungen – investiert wird. Ja, und damit die Förderknete auch reichlich fließen kann, hat nun der Staat immer weiter Steuern und Abgaben bis zum Erbrechen erhöht. Das finden Unternehmer und Arbeitnehmer auch ganz toll, denn Sie wissen ja, wer dafür arbeitet und die Zeche zu bezahlen hat – nämlich Sie selbst. Sie kennen doch die Kapitalismus-Regel Nr. 2, oder?
Sie zahlen grundsätzlich die Zeche
Das ganze kann nun leider nicht ewig gehen, denn die Kräfte und Ressourcen der Allgemeinheit sind irgendwann erschöpft. Deshalb funktioniert die soziale Marktwirtschaft auch nur solange wirklich sozial, wie sich die Steigerungsraten der Wirtschaftsleistung über denen der Zinsforderungen entwickelt. So gab es Jahrzehntelang genug zu verteilen – sogar genug für Kapitalschmarotzer!
Nur leider arbeiten die Steigerungsraten im Wirtschaftswachstum und die der Zinskurve gegeneinander. Will sagen, dass eine prozentuale Steigerung des Wirtschaftswachstums wegen des immer höheren Verbrauches an Ressourcen und gesättigter Märkte immer schwieriger zu ermöglichen ist, währenddessen Zinsansprüche mit der Zeit durch die Kapitalmasse in immer größere und absurdere Dimensionen ausufern. Irgendwann kann auch beim besten Willen die Wirtschaftskraft nicht mit der exponentiellen Vermehrung der Zinsansprüche durch den Zinseszins mithalten.
Deshalb wird der zu verteilende Gesamtkuchen mit der Zeit immer kleiner, werden Sozialleistungen, Rechte, Löhne und Vermögen der arbeitenden Menschen immer mehr gekappt. Nur nutz dies alles nichts, denn exponentielle Zinsforderungen stehen zwar auf dem Papier, können aber in der Realität niemals erfüllt werden. So wird das Geld – real gesehen – mit der Zeit immer wertloser. Damit nun unsere lieben Kapitalisten schlussendlich nicht auch noch dumm in die Röhre gucken müssen.
Darum geht es in Regel Nr. 4 des Kapitalismus nach Detlef Oart: Irgendwann ist sense mit Geldvermehrung und „alle“ beginnen wieder bei Null